Friday, January 10, 2014

Zur Weltwoche-Besprechung des neuen Grüninger-Films



Der kritische Ansatz Rico Bandles (s. Weltwoche vom 9. Januar 2014) ist zwar als solcher zu begrüssen, eine fundierte und fehlerfreie Analyse liegt mit seiner Filmkritik indes leider noch nicht vor. Herr Bandle bleibt in seiner Besprechung teilweise widersprüchlich, eher oberflächlich und nicht fehlerfrei.

Der Autor bemängelt zwar zu Recht die Nichterwähnung des wichtigen Präsidenten des Jüdischen Dachverbandes SIG, scheint jedoch nicht um die enorme Tragweite dieser Auslassung Saly Mayers zu wissen.

Denn es gibt sehr starke Indizien, dass Mayer den Polizeihauptmann Grüninger bei Rothmund denunzierte (s. Hanna Zweig-Strauss‘ Mayer-Biographie). Noch gewichtiger ist die spezielle Beziehung zwischen dem Fremdenpolizei-Chef Rothmund und dem widersprüchlichen Mayer, ohne welche sich die damalige Schweizer Flüchtlingspolitik nur sehr schlecht darstellen und analysieren lässt.
Die Beschuldigung der Filmemacher an die Adresse der SP, sie habe Grüninger angeblich ans Messer geliefert, ist sehr seltsam. Bandle fragt zwar nach, merkt aber nicht, dass der Vorwurf haltlos und unlogisch ist. Denn es fehlte der SP nicht nur ein Motiv dazu, sondern es war gerade umgekehrt: Nach seiner Absetzung fügte Grüninger dem Fluchthilfe-Netzwerk dieser Partei nachweislich enormen Schaden zu. Er pflegte die unrealistische Erwartung, die SP müsse ihn öffentlich verteidigen und war enttäuscht darüber, dass sie 1939 aber ganz einfach nicht in der Lage war, offen zu ihm zu stehen. Als Rache kollaborierte er mit einer Organisation, die eine klare antijüdische Flüchtlingspolitik betrieb, wodurch Grüninger die Rettungsarbeit der SP stark beeinträchtigte. Schon rein diese Tatsache ist mit seinem Bild als Heilliger absolut unvereinbar.
Die Schilderung bzw. Interpretation meiner fundierten (ein bisschen Eigenlob muss sein) und bis jetzt nicht widerlegten Recherchen zu Grüninger durch den Weltwoche-Autor ist nicht sehr überzeugend. Rico Bandle schreibt:
«Obschon Elam zahlreiche Indizien liefert, die darauf hinweisen, dass Grüninger ein Nazi-Sympathisant gewesen sein könnte: Der Beweis dafür bleibt bisher aus – entsprechend kann man den Filmautoren nicht anlasten, diesen Aspekt weggelassen zu haben.»

Wenn es wirklich „nur“ zahlreiche Indizien (starke Indizien übrigens) sind, sollte man solche  nicht auch zur Kenntnis nehmen? Hat der Weltwoche-Autor noch nie von einem Indizien-Beweis gehört?

Meine Beweisführung besteht aber mehr als nur aus Indizien. So kann man die Zugehörigkeit Grüningers einer später verbotenen pro-nazistischen Bewegung als erwiesen betrachten. Die Einwände dagegen sind nicht überzeugend.
Die Fülle von belastendem Material gegen Grüninger – darunter seine klare Verbindung zu NS-Beamten und seine Korruption – ist geradezu erdrückend, und neue Dokumente untermauern diese Feststellung.

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