Tuesday, August 31, 2010

Verlogen-zynische Attacke gegen jüdische Friedensorganisation


Prof. Micha Brumliks jüngster taz-Beitrag Moral und Hypermoral - Arnold Gehlen und die European Jews for a Just Peace ist Polemik ohne grosse Rücksicht auf Fakten, Ethik und Ehrlichkeit. Er unterschiebt seinen Widersachern Argumente, welche sie gar nicht benutzen, um diese leichter durch den Kakao ziehen zu können. Nichtdestotrotz könnte Brumliks Kommentar einer notwendigen Diskussion dienen.

In seinem Frontalangriff gegen die jüdische Friedensorganisation European Jews for a Just Peace (EJJP) benimmt sich Brumlik wie ein Hündchen in einer frisch gejauchten Wiese. Obwohl ich weder ein Mitglied der EJJP bin, noch je ein solches einer rein jüdischen Friedensorganisation war (mit Ausnahme zweier kurzer Episoden), muss zu deren Verteidigung folgendes gesagt werden:

Offensichtlich reichen Brumliks Kenntnisse der jüdischen Tradition nicht aus, um die wirklichen Wurzeln der jüdisch-humanistisch-universellen Ethik zu finden. Er zitiert in diesem Zusammenhang den absolut unpassenden Spruch "Kol Jissrael arevim seh la seh" (sinngemäss: alle Juden sind füreinander verantwortlich), nicht nur, um mit seinen Hebräisch-Kenntnissen zu protzen, sondern auch um sich selber die Aufgabe zu erleichtern, die jüdischen Friedensaktivisten zu desavouieren.

Dabei mahnte schon der berühmte Rabbi Hillel: "Was dir zuwider ist, das tu' auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora; der Rest ist nur Auslegung. – Geh hin und studiere sie!" (Schabbat 31a). Und im Alten Testament heisst es u.a.: "Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst" (Lev. 19, 18).

Der säkulare jüdisch-universelle Humanismus beruht heutzutage u.a. auf einer allgemein gültigen Lehre aus dem NS-Judeozid und anderen NS-Verbrechen, die lautet "Nie wieder Genozid". Dies im Gegensatz zu einer judeozentristischen Auslegung, die nur gegen einer Wiederholung eines Judeozids zielt.

Pathetisch wirkt Brumliks "Vorwurf" gegen gewisse EJJP-Mitglieder, diese würden sich mit ihrem Engagement gegen die israelischen Politik - trotz ihrer deklarierten antizionistischen Haltung - vermeintlich als Hyperzionisten entpuppen: »Tun sie doch nichts anderes als das, was zionistische Organisationen seit Jahrzehnten fordern: dass sich die Diaspora die Belange des israelischen Staates ganz und gar zu eigen macht.«

Geflissentlich übersieht der Professor, dass der herrschende Zionismus in Anspruch nimmt, sämtliche Juden zu repräsentieren. Mit diesem kolonialistischen Ansatz, die jüdische Identität (was dies auch immer sein mag) zu besetzen und zu usurpieren, zwingt Israel sämtliche Juden praktisch zu einer Stellungnahme gegenüber diesem Staat und seiner Politik. Infolge dieses unberechtigten israelischen Anspruchs, aber auch auf Grund vorhandener judeophober Vorurteile, werden Juden in aller Welt automatisch mit Israel gleichgesetzt. Auch deshalb fühlen sich mehr und mehr Juden dazu gezwungen, öffentlich mit Worten und Taten zu beweisen, dass die verbrecherische israelische Politik nicht in ihrem Namen betrieben wird. Nicht umsonst nennt sich denn eine jüdische Organisation in Kanada auch ‚Not in our name!'. Auch in Israel selbst können sich übrigens immer weniger Juden mit diesem Staat identifizieren. Mehr und mehr Kriegsveteranen (auch jene vom sog. Unabhängigkeitskrieg von 1948) deklarieren, dass sie nicht für die Errichtung bzw. Erhaltung eines solchen Staats gekämpft haben.

Brumlik stellt sich extra dumm mit der folgenden zynischen Behauptung:

"Da eine unmittelbare humanitäre Not, die es geboten hätte, Nahrungsmittel nach Gaza zu bringen, nicht besteht, fragt man sich, was die Gruppe zu dieser Aktion treibt."

Dass es vielen Menschen in Gaza mieserabel geht, ist offensichtlich. Es lohnt sich zwar nicht, mit einem Zyniker wie Brumlik darüber zu diskutieren, wie er "eine unmittelbare humanitäre Not" definiert, es reicht, dass auch er zugibt, dass die Gazaner unter einer Blockade leben. Diese israelische Belagerung ist weder militärisch, noch politisch und schon gar nicht moralisch vertretbar. Das geplante jüdische Boot und die Schiffe von Free Gaza wollen diese verbrecherische Abriegelung demonstrativ durchbrechen und damit der Welt, sowie der verblendeten israelischen Mehrheit zeigen, dass es auch anders geht und es eine friedliche Alternative gibt.

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