Sunday, January 11, 2009

Israel kann sich den Krieg nicht leisten

Die Stellen in eckigen Klammern erschienen aus Platzmangel nicht in der Zeitung.

Sonntag / MittellandZeitung (Schweiz); 11.01.2009; Seite 19

Israel kann sich den Krieg nicht leisten

Experten warnen vor einer wirtschaftlichen Katastrophe

Israels Feldzug gegen die Hamas verschlingt Hunderte Millionen. Es droht ein Staatsdefizit – zulasten der angeschlagenen Wirtschaft.

Von Shraga Elam

Martialische Worte beherrschen derzeit in Israel die öffentliche Debatte über den Krieg im Gazastreifen. Doch immer lauter werden auch die Stimmen von Wirtschaftsexperten, die vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Feldzugs warnen.
Israel drohe durch die horrend hohen Kosten des Krieges gegen die Hamas eine wirtschaftliche Katastrophe, so die Experten wie Michael Sarel, Chefanalyst der Versicherungsgruppe Harel. Sie rechnen mit einem massiven Staatsdefizit und befürchten einen Rückfall in eine Krise wie in den Jahren 2002 und 2003. Damals konnte die Armee ihre Zulieferer nicht mehr bezahlen. Heute hat die globale Finanzkrise Israel fest im Griff. [Ohne die politischen, militärischen und moralischen Folgen des Feldzugs mit einzubeziehen], sieht so aus, als könne sich Israel diesen Krieg nicht leisten.
Kritik erntet vor allem Finanzminister Ronnie Bar-On, der markig sagte: «Die Wirtschaft wird die Armee nicht stoppen. Beim Militär wird nicht gespart.» Dieses Denken stösst sogar neoliberalen Kommentatoren wie Nechemia Strassler von der Zeitung «Ha’aretz» bitter auf. Er schrieb [sozialbewusst unter dem Titel «Es gibt kein Geld für hirngeschädigte Kinder, bei der Armee hingegen wird nicht gespart»]: «Agiert das Militär ohne wirtschaftliche Rechnung, wird die nationale Sicherheit darunter leiden. [Jede Milliarde Shekel, die für den Krieg ausgegeben wird, fehlt bei der Ausbildung und der Infrastruktur, weswegen das Einkommensgefälle wächst. Jede überflüssige Verschwendung bedeutet weniger Geld für Förderungsprojekte. Deshalb wird es 2009 weniger Wachstum und eine grössere Arbeitslosigkeit geben…]»
Man rechne für 2009 schon jetzt mit einem mindestens fünfprozentigen Staatsdefizit. Das Finanzministerium plane, zehn Milliarden Franken zu mobilisieren, um diesen Fehlbetrag zu decken – eine Unsumme für die israelische Wirtschaft.
Dieser Plan könnte verheerende Folgen haben: Die staatliche Unterstützung für Unternehmen [und Personen] müsste gekürzt werden, [soziale Unruhen], Zinserhöhungen und eine wachsende Inflation könnten die Folgen sein. Das wiederum würde das Investitionsklima verschlechtern und ausländische Investoren abschrecken.
Zu Beginn des Krieges gegen die Hamas war die Kriegskasse der Armee gut gefüllt: In den letzten zwei Jahren konnten Rückstellungen [für einen Krieg] in der Höhe von 460 Millionen Franken gemacht werden. Zusammen mit dem Etat für dieses Jahr hätte das Militär 690 Millionen Franken zur Verfügung.
Doch die dürften bald aufgebraucht sein: [Alleine] die Mobilmachung von 50 000 Reservisten kostet pro Tag 6,5 Millionen – ganz zu schweigen von den wesentlich höheren indirekten Verlusten, die durch den Arbeitsausfall der Soldaten entstehen.
Ein weiterer Verlustfaktor ist die Tatsache, dass fast alle Fabriken in der Region, die unter Dauerbeschuss palästinensischer Raketen stehen, lahmgelegt sind. Nach Angaben von «Ha’aretz» gibt es alleine im Umkreis von 20 Kilometern des Gazastreifens Betriebe mit einem Jahresumsatz von insgesamt 14 Milliarden Franken. Heute. [Inzwischen wird aber bereits ein Gebiet in 40 km Entfernung angegriffen].
[Ha’aretz wagt nicht einmal zu schätzen, was die eventuelle zivile und militärische Verwaltung des Gazastreifens kosten könnte, falls dieses Gebiet wiedererobert würde. Mit der bestehenden Bevölkerungsdichte und mit den zu rechnenden Terroranschlägen gegen die Besatzungsmacht benötigte Israel Milliarden-Beträge.
Hoffnung schöpfen die Kriegsplaner offensichtlich aus der Tatsache, dass Israel 2006, trotz der Lahmlegung des ganzen Nordens durch den Krieg mit Hizballah, ein Wachstum von 5.2% des Bruttosozialprodukts verzeichnete.
Die Lage heute aber ist völlig anders: Nicht nur war die Staatskasse damals voll und die Wirtschaft robust, sondern auch die Weltökonomie in einer anderen Situation. Die globale Krise erreichte Israel schon vor dem Krieg. Mit dessen Finanzierung durch die USA wird kaum gerechnet und auch viele jüdische Spender haben schwere Verluste verbucht.]
Doch statt die angespannte Situation zu entschärfen, droht die israelische Regierung mit einer Eskalation. Das macht den Eintritt der Hizballah oder Irans in diesen Krieg wahrscheinlicher. Entsprechend schlimmer wären auch die wirtschaftlichen Folgen.


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Ein Aufruf gegen die israelische Grossoffensive in Gaza

“Passive” refusal is not enough to prevent war crimes

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